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Raid France 2011 - Vignes et Vignobles
Nun
ist das Welttreffen in Frankreich schon eine Weile her, und inzwischen ist wohl
alles Erdenkliche darüber gesagt worden. Kurzum: Die Franzosen haben es
verschissen, zumindest was die Organisation anbelangt. Ein Treffen ist aber
zum Glück mehr als nur Organisation, es lebt von allen Teilnehmern. (Wie
sagte unser Gü vor zehn Jahren so schön: "Ihr seid das Treffen!")
In diesem Sinne blieb vielleicht doch für so manch eine/n ein Gesamteindruck
über, bei dem das Positive überwog (wenn auch nur leicht).
Doch eigentlich will ich ja von der Zeit nach dem Treffen berichten. Bekanntermaßen
gibt es nach einem Welttreffen immer eine oder mehrere Raids, gemeinsame Erkundungsfahrten
in der Ente, mit dem Ziel, Land und Leute kennenzulernen. Einer solchen Tour
haben wir uns zwanglos angeschlossen. Sie stand unter dem Motto "Vignes
et Vignobles", Reben und Weingärten, und führte von Salbris in
Richtung Jura.
Wir waren eine kleine Gruppe von elf Fahrzeugen (zehn A-Modelle und ein HY).
Die Teilnehmer kamen aus Schweden, Belgien, der Schweiz, Slowenien, Frankreich,
Holland und Österreich. (Der Holländer musste uns leider krankheitsbedingt
sehr frühzeitig verlassen.)
Dem Motto entsprechend war die erste Station bereits ein Weingut - zur gemeinsamen
Verkostung kamen wir leider zu spät, da wir erst unsere Zelte, sprich:
unser Riesenzelt abbauen und verstauen mussten. Der junge Mann erklärte
uns dennoch alles Wissenswerte über den Wein von Quincy, und wir nahmen
welchen mit zum Verkosten, für später. Der nächste Treffpunkt
war in Bourges, am Platz vor der Kathedrale. Bourges
ist die Hauptstadt des Berry und für seine Sirupe sowie für die grünen
Linsen des Berry bekannt. Der Baustellensommer erschwerte die Anreise zwar etwas,
doch schlussendlich fanden sich alle rechtzeitig zum Gruppenfoto ein. Anschließend
sollte es eine Führung durch den Dom und die Altstadt geben. Die Führerin
sprach nur Französisch, schließlich hätte ihr niemand gesagt,
dass sie auch englisch führen sollte. Einige verlangten daraufhin ihr Geld
zurück, doch die angewandten Sprachkenntnisse der übrigen Teilnehmer,
besonders unserer belgischen Freunde, sorgten dafür, dass jede/r in der
Hauptsache alles verstand.
Beim Apero am frühen Abend vertieften sich die ersten Kontakte, und bald
waren wir eine eingeschworene kleine Gruppe. Das Abendessen aber musste ausfallen,
denn es stand noch eine Nachtführung auf der Festung von Montrond auf dem
Programm. Diese mittelalterliche Festung wurde im 19. Jahrhundert völlig
zugeschüttet, um einem Park Platz zu machen. In den 70er Jahren des vorigen
Jahrhunders begannen Schüler und Studenten, die Burg wieder auszugraben.
Große Teile, wenn auch noch lange nicht alles, wurde bereits freigelegt,
und unsere junge Führerin zeigte uns, mit Taschenlampe bewaffnet, diese
interessante Anlage. Fast kam ein wenig Geisterstimmung auf....
Am
nächsten Tag ein kurzer Halt an einem alten Kanalhafen, an den nur mehr
der letzte Kran erinnert, der dort vor sich hin rostet. Dafür beeindruckt
die mittelalterliche Burg mitten im Städtchen Sagonne umso mehr. Unsere
Route führt sodann nach Apremont-sur-Allier, einem der schönsten Dörfer
Frankreichs, mit vielen Blumen zwischen den schönen alten Häusern.
Mittags übernimmt uns ein anderer Club - also gesammeltes Aufstellen der
Enten zum Gruppenfoto, ein Ritual, das sich täglich wiederholen sollte.
In der französischen 2CV.-Szene gibt es so viele Clubs, dass jeder Tag
unserer Reise von einem anderen Club gestaltet und betreut wurde. Eine an sich
sehr gute Idee, denn so konnten uns die französischen Kollegen die Schönheiten
ihrer eigenen Heimat zeigen. Dass die Übergabe immer mittags stattfand,
erschwerte jedoch die Organisation und kostete mitunter unnötig Zeit.
Der nächste Club begrüßte uns also herzlich und übergab
uns ein sehr genau gezeichnetes Roadbook - jede Abzweigung war sehr realitätsnah
abgebildet! Nach kurzer Fahrt nahmen wir ein gemeinsames Mittagessen in einem
kleinen Restaurant am Fluss ein. Weiter ging es nach Nevers, wo für uns
ein (sogar schattiger) Parkplatz im Zentrum, gleich neben dem Herzogspalast,
reserviert war. Auf eigene Faust erkundeten wir dann diese alte, geschichtsträchtige
Stadt an der Loire, mit ihren engen Gässchen und Treppen hinunter zum Fluss,
der alten Kathedrale mit ihren modernen bunten Glasfenstern, oder den Fayencen,
die bis heute hier hergestellt werden. Die Fahrt geht dann noch weiter ostwärts.
Abends auf dem Campingplatz wird wieder ein Apero angeboten, und ein örtlicher
Weinbauer lädt zur Verkostung seiner Produkte.
Tags
darauf haben wir unterwegs die Möglichkeit, weitere Spezialitäten
der Region zu probieren bzw. zu erstehen: Eine Biscuiterie stellt Biskotten
nach französischer Art her. In einem anderen Laden werden typische Pasteten
und Terrinen feilgeboten. Nach der obligaten Übernahme durch den nächsten
Club heißt das nächste Ziel - erraten, Weinverkostung in einer Winzergenossenschaft.
Wir sind ja jetzt mitten in Burgund, und es findet sich schon so manch sehr
edles Tröpferl unter den Burgunderweinen. Anschließend picknicken
wir in unmittelbarer Nähe, an einem alten Bahnhof. Am Nächmittag steht
eine Besichtigung der schön gelegenen Burgruine von Brancion auf dem Programm.
Dann geht es weiter zum Sportplatz von Simandre, wo heute übernachtet wird.
Davor aber marschieren wir gemeinsam in den Ort, wo im Restaurant de la Gare
ein üppiges kaltes Buffet für uns angerichtet wird. Fast hätten
wir uns schon an den Vorspeisen satt gegessen, doch es folgten natürlich
noch der Hauptgang sowie Käse und Dessert. Der kleine Spaziergang nach
der langen Autofahrt tut uns gut, und alle können den Abend genießen,
ohne sich noch ans Steuer setzen zu müssen.
Am
nächsten Morgen wird ein Konvoi organisiert, damit keiner verlorengeht
auf der langen Fahrt über kleine Landstraßen nach Beaune. Das altbewährte
Konvoiprinzip (an der Spitze ein Ortskundiger, bei jeder Abzweigung bleibt der
Zweite in der Reihe stehen, wartet, bis alle vorüber sind und reiht sich
als Letzter wieder ein) funktioniert erstaunlich gut. Unsere Gruppe ist wahrlich
sehr diszipliniert. Leider geht unterwegs der slowenische HY ein - als alle
Reparaturversuche unserer gruppeneigenen Spitzenmechaniker nichts fruchten,
organisiert Jean-Pierre, unser stets um uns bemühter Begleiter, professionelle
Hilfe einer Werkstatt. Wir andern versammeln uns in einer Cave vor den Toren
Beaunes zur täglichen Weinprobe und würdigen die Schätze Burgunds.
Dann geht es ins Zentrum von Beaune, wo wir zunächst mit unseren Schweizer
Freunden Bruno und Maya ein leichtes Mittagessen im Schanigarten eines gemütlichen
Bistrots einnehmen. Anschließend besichtigen wir die weltberühmten
und wirklich sehenswerten Hospizien von Beaune. Es handelt sich dabei um ein
Krankenhaus aus dem 15. Jahrhundert, das als "Palast für die Armen"
angelegt wurde. Entsprechend prunkvoll ist es ausgestattet; als wir den Innenhof
betreten, faszinieren uns die bunt glasierten Ziegeldächer der umliegenden
Gebäude. Bis 1971 war es ohne Unterbrechung als Spital in Betrieb, dann
zogen die medizinischen Abteilungen in modernere Gebäude. Außer dem
prächtigen Krankensaal veranschaulichen auch die Küche und die Apotheke
das Leben und Wirken in diesem ehrwürdigen Hotel-Dieu.
Danach
bummeln wir noch durch die von Stadtmauern umgebene Innenstadt. Als wir zum
Parkplatz zurückkommen, werden wir schon sehnsüchtig erwartet, denn
gemeinsam geht es weiter: im Konvoi durch die Weinberge der Côte-d'Or.
Wir fahren durch die Rieden, deren Weine wir vorhin verkostet hatten - Weinreben,
so weit das Auge reicht. Burgund ist wahrlich ein "weinseliges" Land.
Unser Nachtplatz lässt heute allerdings zu wünschen übrig: Sanitäre
Einrichtungen sind kaum vorhanden. Dafür gibt es Likörverkostung und
man organisiert für uns ein sehr preisgünstiges Abendessen. Auch der
- inzwischen reparierte - slowenische HY trudelt wieder ein und wird mit großen
Applaus begrüßt. Wir haben viel Spaß, aber keine Dusche!
Von nun an fahren wir gemeinsam mit Bruno (im hellblauen Ami 6) und Maya (im
violetten AK). Auf Forststraßen geht es durch den Wald von Chaux: ein
riesiges Laubwaldgebiet, eines der größten in ganz Frankreich. Dann
besuchen wir die Grotte von Osselle mit ihren vielfältigen Tropfsteinformationen.
Auch einige Tausend Skelette von Höhlenbären wurden dort gefunden
- und leider auch einige davon von Touristen gestohlen.
Unser
nächstes Ziel ist die Königliche Saline von Arc-et-Senans. Sie wurde
in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als "ideale Stadt"
konzipiert. Auf dem Werksgelände befinden sich nicht nur die Salzproduktionsstätten,
sondern auch die Wohnungen der Arbeiter. Die Gebäude sind im Halbkreis
angeordnet und gruppieren sich um das Haus des Direktors. Der Rohstoff, die
Sole, wurde in der ehemaligen Saline von Salins gefördert und dann durch
23 km lange unterirdische Holzrohre bis zur Saline von Arc et Senans geleitet.
Dort wurde die Sole erhitzt (mit Holz aus dem nahen Wald von Chaux) und so durch
Verdunstung Salz gewonnen. Die Technik veraltete jedoch rasch, sodass die Saline
etwa hundert Jahre später ihre Tore schloss. Von der Salzproduktion selbst
ist heute nichts mehr zu sehen.
Da es der vorletzte Abend der Raid ist, wollen wir heute ein gemeinsames Barbecue
aller Raid-Teilnehmer veranstalten. Alle besorgen etwas zum Grillen und machen
Salate, und es wird alles zu einem großen Buffet für alle arrangiert.
Alle Campingtische werden aneinandergerückt, die Veranstalter laden zum
Apero, und bald rauchen die Grillfeuer. Es wird eine richtige Party im Rathauspark
von Arc et Senans, wo wir heute übernachten. Jean-Pierre,
unser Koordinator und Begleiter, wird heute besonders geehrt - dass die Raid
ein Erfolg wurde, ist zu einem guten Teil ihm zu verdanken. Die ausgelassene
Stimmung hält noch lange an.
Am nächsten Morgen werden uns feierlich Urkunden überreicht, die
zur Einreise in die "Republik Saugeais" berechtigen. Es handelt sich
dabei um eine Vereinigung von elf Gemeinden im Departement Doubs, die sich selbst
zur Republik ausgerufen hatten. Zuerst besichtigen wir die Abteikirche von Montbenoit.
Das nächste Ziel ist die Selcherei Tuyé du Papy Gaby: Hier werden
in speziellen Holztürmen Fleisch- und Wurstwaren gepökelt und geräuchert.
Natürlich können die Köstlichkeiten auch probiert und erworben
werden. Sie schmecken echt lecker! Weiter geht es in das hochinteressante Uhrenmuseum
von Morteaux.
Hier laden Werkzeuge, Automaten, Armbanduhren und die verschiedensten Wanduhren
aus allen Epochen zu einer Zeitreise der besonderen Art ein. Untergebracht ist
das Ganze in einem pittoresken Haus aus dem Jahr 1576. Dann steht noch der Naturpark
Consolation auf dem Programm, doch es scheint, als würde das schöne
Wetter, das wir bisher genossen haben, nun eine Pause machen, denn es beginnt
zu tröpfeln. Hungrig sind wir auch schon, also erliegen wir der Versuchung
der hier angebotenen Crêpes. Es ist noch eine lange Fahrt bis Belfort
und weiter zu unserem letzten Nachtplatz. Als wir dort ankommen, regnet es in
Strömen. Doch zum Glück gibt es hier auf dem Sportplatz auch einen
Saal, in dem das Abschiedsessen stattfinden wird. Doch zunächst wird ein
selbstgebrauter Apero (das Rezept des Zaubertranks ist streng geheim) angeboten,
begleitet von köstlichen Quiches. Der Club der Franche-Comté (so
heißt die Region hier) empfängt uns auf das allerherzlichste. Und
das "letzte Abendmahl" übertrifft alles Dagewesene. Wir schlemmen
uns durch die regionalen Spezialitäten. Ein Wermutstropfen ist nur die
aufkommende Abschiedsstimmung, denn morgen ist ja alles zu Ende.
Doch
halt! Am nächsten Morgen soll es ja noch eine Draufgabe geben. Wir werden
in das private Museum eines Citroen-Sammlers geführt. In einer alten Fabrikhalle
sind wahrliche Raritäten versammelt. Auf der einen Seite stehen alte Militärfahrzeuge,
auf der anderen Raritäten mit dem Doppelwinkel. Neben diversen Enten, Ami6,
Ami8 und original erhaltenen Visas, stehen rare Versionen von GS, BX, CX und
Co. z.B.: GS Birotor. ein echter Ralley BX TC 4x4, ein XM Multimedia, ein SM
sowie ein C6. Alle in sehr gutem Zustand.
Nach eingehender Betrachtung und Bewunderung der seltenen Modelle heißt
es nun aber wirklich Abschied zu nehmen. Wir umarmen einander und wünschen
einander eine gute Weiterreise.... und bis zum nächsten Mal! A bientôt!
Evi
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