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RAID AUSTRIA OST
Eine Raid zu erleben ist eine Sache. Darüber zu schreiben eine andere. Ein
Bericht von der Veranstalterseite.
Wir waren eine bunt gemischte Gruppe, bestehend aus vielen Deutschen, Franzosen,
Ungarn, Australiern, einigen Finnen, ein paar Schweizern sowie Belgiern, Holländern,
Portugiesen, Briten, Amerikanern, Griechen, Dänen, Polen und einem Kanadier.
Und so wie es 6000 verschiedene Welttreffen gab (nachzulesen bei Karsten Schreiber),
so gab es auch mindestens 100 verschiedene Raids (wobei ich hier nur über die
Raid Austria Ost berichte). Ich habe nur eine davon erlebt und gebe hier meine
ganz persönlichen Eindrücke wieder.
Angefangen
hatte die Raid ja nicht sonderlich gut: Bereits am Vorabend wandte sich ein
Franzose an uns, auf der Suche nach Kolben für seinen Motor (die ihm von unserem
Chefmechaniker Wolfi W. überreicht wurden). Am nächsten Morgen musste Leon infolge
eines eingeklemmten Nervs zusammen mit seiner Frau Brigitte anstatt der Raid
die Heimreise antreten - schmerzverzerrt und gramgebeugt (wer die beiden kennt,
weiß, was für ein schwerer Verlust die Raid damit getroffen hat). Robert hatte
Zahnweh und sollte im Zuge der Raid noch zweimal einen Zahnarzt aufsuchen müssen.
Für ihn war es die Tour der Leiden. Ein weiterer Franzose meldete einen zusätzlichen
Fahrgast an. Vergleichsweise harmlos war Nikos - er wollte nur die Tagesetappe
nochmals anhand der Landkarte erläutert haben (ein Ritual, das sich noch öfter
wiederholen sollte). Ja, und dann war da noch die Familie, die ihre Auto- und
Wohnungsschlüssel bei einer Tankstelle in Tirol vergessen hatte - dank der Bemühungen
von Irene und Jörg wurden diese nachgesandt und lagen an diesem Morgen am Postamt
Seeboden zur Abholung bereit. Als wir dann endlich unterwegs waren, rief Jürgen
an: Er wäre sehr im Zweifel, ob seine Kinder tatsächlich die Raid mitfahren
wollten, schließlich müsse man da jeden Tag fahren und Zelt aufstellen etc.
Ich weiß nicht mehr, was ich ihm damals - bereits leicht genervt - antwortete,
aber nach einer Weile meldete er sich wieder und meinte, er wolle es nun doch
versuchen, zumindest für einen Tag (es sollten deren mehrere werden - er blieb
bis Freitag abend und verabschiedete sich dann feierlich bei einem Umtrunk).
Als wir in Minimundus eintrafen, wurde es gerade von den Australiern gestürmt.
Die Soboth war der erste Bergtest, insbesondere für unsere Anhänger-Fahrer:
Ralf (mit Combicamp) war schon geübt, Bobby
(mit Eggy/BMW Isetta-Anhänger) sowie ein deutsches Paar mit Kleinkind und Wohnwägelchen
(© Sloten) bewältigten die Strecke auch - doch für den Sölkpass wurde doch von
allen eine Alternativroute angepeilt. In Großklein erwartete uns ein üppiges
Buffet mit steirisch aufgeladenen Broten, bevor es weiter zum Fuzzy ging. Dort
wurden die Quizfragen ausgewertet, durch weitere Stichfragen die Gewinner ermittelt
und sodann prämiiert: Es siegte Ralf (D) vor Bruno (CH) und Margot (D). Am Lagerfeuer
ließ Martin erstmals mit seiner Gitarre aufhorchen (was er auch noch öfter tun
sollte).
Am nächsten Tag hieß es Lurgrotte gegen Bärenschützklamm, was die Lurgrotte
klar für sich entschied. Nur Lynn und Andy, gemeinsam mit unserem Headman Wolfgang
K., nahmen trotz großer Hitze die Klamm in Angriff (unter uns gesagt: nichts
anderes hatten wir von ihnen erwartet). - Der schattige Parkplatz der Lurgrotte
lud hingegen zum Verweilen ein: Die Franzosen okkupierten einen dort anwesenden
Pavillon für ihr tägliches Picknick. Am
Nachmittag trudelten die Raider allmählich in der Gösser Brauerei ein, wo sie,
zu sprachlichen Gruppen zusammengefasst, alles übers Bier erfuhren, bis sie
es dann endlich auch verkosten durften. Abends in Teufenbach kochte Norbert
Leitl auf, dass es eine Freude war - Falk ergatterte das letzte Stück vom Burgunderschinken
- übriggeblieben ist nichts. Auch Getränke waren reichlich vorhanden - dank
unserem Inschenör fehlte es an nichts.
Am Mittwoch die alpinistische Herausforderung des Sölkpasses, der - außer den
schon genannten Umwegen - keine weiteren Opfer von uns forderte. Paulo und Régis,
die bei einem Motorrad-Unfall Hilfe geleistet hatten, kamen als letzte am Parkplatz
in Steeg an. Mit dem Schiff ging es nach Hallstatt, dort mit der Seilbahn auf
den Salzberg, und dann wurde das älteste Salzbergwerk der Welt besichtigt. Eine
sehr kurzweilige Sache, die Bergmannsrutschen haben wohl alle begeistert. 
Nach einer neuerlichen Schiffsreise fanden wir uns plötzlich als Anführer eines
Konvois nach Bad Goisern wieder, dabei benutzten wir - zur (gespielten) Entrüstung
der Goiserner - eine andere Zufahrt zum Treffenplatz als die von ihnen ausgeschilderte
(ein Glück, dass wir uns diesmal nicht verfahren haben). Die Goiserner hatten
ganze Arbeit geleistet, der Griller war schon angeworfen, als wir eintrafen,
die Würstel brutzelten bereits.
Doch es wurde auch wieder richtig international - Nikos veranstaltete eine
Greek Night aus der Dose (fast fühlten wir uns ins Jahr 1999 zurückversetzt).
Sonja und die Goiserer hatten auch eine Geburtstagstorte für Shelby aus Australien
organisiert, die an diesem Tag ihren 21. Geburtstag feierte. Vom Goiserner Club
wurde auch ein ganz persönliches Geschenk überreicht. Die Runde wurde immer
fröhlicher, Martin spielte auf, und slowenischer Schnaps kursierte.
Als
ich am nächsten Morgen aus unserer Ente kletterte, fiel mein Blick in Richtung
Lagerfeuer, das immer noch vor sich hin gloste. Auf den Bänken rundum lagen
ausgestreckt zwei Typen - von weitem sahen sie ziemlich fertig aus. Ich dachte
"Oh no!", doch zu meiner Beruhigung stellte sich heraus, dass es zwei Landstreicher
waren, die das Fest auf ihre Weise durch Mundharmonikaspiel bereichert und wohl
auch dem Schnaps gebührend zugesprochen hatten.
Der
erste Programmpunkt an diesem Tag war Baden im Traunsee, was aufgrund der Hitze
großen Anklang fand. Manche, z.B. Sigi, genossen lieber ein Bier. Mittags fand
sich aber doch ein großer Teil zur Führung durch die Gmundner Keramik ein (Phil
und Jorgos kreierten dabei den keramischen Citroen-Winkel), einige begaben sich
auch ins wirklich kuriose Klomuseum. Auf kleinen Straßen ging's weiter nach
Steyr, und Stefan fand endlich Zeit zum Ansichtskartenschreiben. Bei Wallsee
nahmen wir die Kraftwerksbrücke über die Donau, und als wir uns unserem Ziel
schon nahe wähnten, gab's noch eine Riesenumleitung, bis wir erschöpft Persenbeug
erreichten. Ribisl hielt kühle Getränke bereit, und vielerorts wurde an diesem
Abend groß aufgekocht. Den Schweizern war eher nach Gasthaus, und auch Teile
unserer Crew landeten beim Wirten, wo sie bald von Vicki und Bobby eingeholt
wurden. Was sich am späteren Abend an der Donau noch alles zutrug, darüber schweigt
dezent die Chronik.
Am
nächsten Morgen besichtigte das Raidvolk Stift Melk, genoss die Aussicht über
die Wachau, und manch einer (ich sage jetzt nicht, wer) fühlte sich in die Vergangenheit
zurückversetzt - ein Franzose wollte sogar nach Österreich umziehen. Der harte
Kern schaffte anschließend noch die Ruine Aggstein, bevor es mit der Rollfähre
über die Donau, über den Seiberer und schließlich auf Schleichwegen ins Waldviertel
ging. Am Ottensteiner Stausee war dann Erholung pur angesagt: Baden (Siska -
der Hund, den bis dahin jeder kannte, entpuppte sich als begnadete Schwimmerin),
Bootfahren (die Bootsvermietung gewährte uns einen großzügigen Rabatt) oder
einfach nur einen Drink genießen oder ein Buch lesen, wie es unsere Christel
tat.
Abends in Stiefern zauberte der Waldviertler Club aus Baumfeuern, Würsteln
zum Selbergrillen (Zitat Peta: "That's what we call a barbecue!"), bachgekühlten
Getränken, Mohnzelten (die zu Mohntaschen mutiert waren) sowie Plumpsklo mit
Sägespänen eine urgemütliche Stimmung. Aufkommender Sturm ließ die Feuer kurzzeitig
ausgehen (schließlich sollte ja nicht der ganze Wald abbrennen), doch später
war die Luft wieder ruhig und rein, und die Gitarren spielten bis in die frühen
Morgenstunden.
Der
letzte Tag war also angebrochen, der Tag des Weinviertels: In Retz wurde der
größte Weinkeller Österreichs sowie die letzte noch betriebsfähige Windmühle
besichtigt, weiter ging's durchs Pulkautal, die ganz Fleißigen erklommen sogar
die Staatzer Klippe, nächster Treffpunkt war das kleine, aber feine Oldtimer-Museum
in Poysdorf. Einige hatten das Programm aber abgekürzt und waren gleich ins
Museumsdorf Niedersulz gefahren, um die in der Umgebung abgetragenen und originalgetreu
wieder aufgebauten Bauernhäuser zu bestaunen. Manch einer träumte da wohl von
einem geeigneten Anwesen für seine Enten (= autobiographischer Zug).
Die letzte Station unserer Reise war Matzen, wo erst mal ausgiebig geduscht
wurde: Nachdem die ganze Woche heißes, trockenes Sommerwetter geherrscht hatte,
ließ es der Himmel nun regnen: nicht allzu lange, aber intensiv. Unser Abschlussfest
war dadurch aber nicht gefährdet, denn es fand - im Weinkeller statt (wie es
sich für eine zünftige Weinverkostung auch gehört). Eine reiche Auswahl an echten
Matzner Tröpferln stand bereit, und die ohnehin bombige Stimmung wurde immer
hochprozentiger. So war's zum Schluss noch ein ausgelassenes Fest, und ich kann
nur sagen: Raider, ihr wart einfach super!
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