DÄNEMARK
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Notizen einer Reise durch drei
Länder über 5679km vom 22. Juli bis 15. August 2 0 0 0 |
Die Abfahrt selbst war nicht wirklich von Fortuna gesegnet: Was für den
mittleren Vormittag geplant war, konnte erst so gegen 13:30 Uhr verwirklicht
werden. Ein Kirtag in der Hauptstraße, der jeglichen Fahrzeugverkehr ebendort
zunichte macht, zwang uns, durch der Nachbarin Stadel mit der vollgepackten
Urlaubs-NESSIE zu pflügen, quasi durch den diskreten Hinterausgang (dabei
hätte es uns gar nichts ausgemacht, wenn uns jemand dabei ertappt hätte,
daß wir mit lachenden Gesichtern gen Urlaub fahren). Auf der
B50, also beim Passieren des äußeren Stadeltores, ereilte uns dann
endlich ein gewisses Gefühl von Freiheit, auf das wir so lange gewartet
haben, hatten wir doch die Zeit zwischen geplanter und effektiver Abfahrt immer
wieder (zurecht) das Gefühl der Gefangenschaft. Dafür gestaltete sich
die Fahrt über österreichische und deutsche Autobahnen bis zur Nächtigung
auf der Raststation Göttingen als nicht weiter nennenswert - bis auf die
Erkenntnis dort, einen minor defect sofort, also vor dem vormittäglichen
Wegfahren, beheben zu müssen. Es sollte der einzige verkehrssicherheits-
bzw. betriebsbeeinträchtigende Fehler auf unserer Reise sein und beschränkte
sich aufs Tauschen des linken Gelbauges. Überwältigt vom deutschen
Speisenangebot haben wir die Currywurst mit Pommes Frittes gewählt, und
konnten uns damit in der Sicherheit wähnen, eine lokale Spezialität
genossen zu haben (nein, wirklich, wir mögen sie - hin und wieder ...).
Nordfriesland
und Jütland unterscheiden sich weder landschaftlich noch architektonisch
wahnsinnig von einander, und so konnten wir auf einsamen Landstraßen schon
ein bisserl üben: Deichbauten, Wind(kraftwerk)parks
und das Watt(enmeer). Wunderschön war auch die gewählte
Straße auf der Karte, die uns entlang des Dammes nach Dänemark führen
sollte, allerdings nur dort, denn sie endete in Wahrheit in einem Gehöft
und ging erst über der Grenze weiter, allerdings ohne gleichnamigen Übergang
dazwischen. Der etwas östlicher gefundene Grenzübergang war aber auch
recht idyllisch.
Als erste zu besuchende Stadt auf Jütland bot sich Højer
an - und die Højer Pølser gelangten bekanntermaßen zu Weltruhm
als beste Pølser überhaupt! Zumindest steht das so auf den Auslieferungsfahrzeugen
der Fabrik und im Schaufenster des dortigen Fleischhauers - und dann wird das
bestimmt seine Richtigkeit haben! Jedes Land hat seine Fast-Food-Spezialitäten,
und was dem Österreicher sein Würschtlstand ist, das ist dem Dänen
seine Pølser-Bude. Dort gibt es sie in den verschiedensten Variationen,
obwohl, korrekt gesagt, bezeichnet dieser Ausdruck eigentlich nur das Würschtl
selbst. Das Angebot in den Buden ist folgendes: ein Weichweißweckerl,
zu 90% eingeschnitten, dann ein viel zu langes Würschtl in grellem Rot
(es kann aber auch ein Bratwürstchen geordert werden, die entschärfte
Touristenversion sozusagen, wir wollten natürlich das Original) hineingelegt,
je eine Raupe Ketchup, Kremser Senf und Remoulade auf Weckerllänge drübergezogen,
gerösteten Zwiebel darauf streußeln und drei Blätter Agurke-Salat
(das sind süße Essiggurkerlscheiben!) aufgelegt. Serviert wird das
Ganze stilecht auf einem Stückchen Fettpapier. Köstlich! Der Verzehr
möge aber geübt sein, weil‘s schade ist um die Beilagen, wenn sie
am Boden liegen. So ist eine eindeutige Unterscheidung "Tourist" und
"Eingeborener" möglich.
Der Weg auf die Insel Rømø ist ein befestigter, was gerade auf
Jütland nicht unbedingt die Regel ist. Die Verbindung zur ersten Insel
schneidet sich knappe zehn Kilometer durch’s Watt, das heißt auf dieser
Distanz gibt‘s links und rechts der Straße entweder Wasser oder Gatsch,
sonst nix. Und dennoch (oder gerade deshalb?) ist es eine schöne Strecke.
Dänemark erlaubt als eines der ganz wenigen Länder das Befahren des
Strandes mit Kraftfahrzeugen (an gekennzeichneten Stellen), und das mußten
wir natürlich ausnützen, wie Dutzende andere auch. Der Sandstrand
auf Rømø ist aber dermaßen breit und weitläufig, daß
wir niemandem und uns niemand im Weg war. Die einen gingen schwimmen, die anderen
ließen Drachen steigen. Wir beschränkten uns auf Muscheln suchen
am Strand und fotografieren, denn so hartgesotten wie die Einheimischen waren
wir nicht und zum Drachen steigen lassen fehlte uns selbiger.
Korsische Gefühle wären aufgekommen, hätten wir dort gleich
umgebaut und genächtigt (weil viel kühler war’s im Winter auf Korsika
auch nicht und vielleicht sogar ein Spur weniger windig), das Campieren am Strand
ist jedoch verboten. Rømø bietet drei Campingplätze, jeder
mit wasweißichwievielen Sternen. Wir suchten den aus, der am wenigsten
nach Plastik, Kitsch und Sommerurlaub deutscher Familien aussah - und erwischten
damit den teuersten.
Zum Campen in Dänemark allgemein: Bei jedem Einchecken auf einem offiziellen
Campingplatz wird man nach der Camping-Card gefragt, diese ist obligatorisch.
Für die erste Nächtigung hat man sie natürlich noch nicht, macht
nix, man zahlt 75 Eier (Eier ist ein Synonym für die jeweils
aktuelle Landeswährung, da wir alle während der vergangenen Raid Laponie,
die uns durch insgesamt zehn Länder führte, sonst ein bisserl durcheinander
gekommen wären; mit diesem Begriff wußte jeder und immer, welche
Währung gerade gemeint ist, und unsereiner hat dieses Vokabel für
"jeweils aktuelle Landeswährung" in den aktiven Wortschatz übernommen)
und bekommt einen Papierfetzen, den man sich obendrein auch noch selbst ausfüllen
muß (vielleicht war‘s eh besser). Der Zettel gilt für diesen Urlaub
als Camping-Pas. Während dieser Zeit schickt der dänische Camping-Club
eine Plastik-Karte nach Hause, und beim nächsten Dänemark-Urlaub (oder
Schweden- oder ...) braucht man nur mehr ein Hologramm-Pickerl für das
Kampeer Carnet kaufen, das dann wiederum das ganze Jahr Gültigkeit hat.
Das Pickerl ist etwas billiger als der Karten-Ersatz und spart Papier, Verwaltungsaufwand
und die Erzeugung einer weiteren Plastik-Karte. (Denn beim nächsten Dänemarkaufenthalt
würde das Spiel von neuem starten und man hätte dann zwei Karten zu
Hause.)
Der Velbinger, den wir als treuen Weggefährten mitgenommen hatten,
schrieb etwas von einem Walzaun im Norden der Insel, also kurz vor dem
militärischen Sperrgebiet, was sich sehr beeindruckend liest, es aber letztendlich
nur bedingt war: Im 17. Jahrhundert war der Walfang Haupteinnahmequelle
von Rømø (heute natürlich kaum vorstellbar), und bei so einem
mächtigen Tier bleibt auch viel an Knochenwerk übrig, das offenbar
ähnliche Eigenschaften wie Holz aufwies. Die Knochen waren im Überfluß
vorhanden und wurden auch für Möbel und sogar zum Heizen verwendet.
Und stünde nicht eine Tafel hinter dem Walzaun, wir wären vorbeigefahren,
denn man kann nicht jeden, wenn auch nur vermeintlichen, Holzzaun beachten.
Die
nächste Insel auf unserem Weg war Mandø. Sie unterscheidet sich
von Rømø in erster Linie durch ihre Größe (bzw. Kleinheit,
denn sie ist nur ungefähr ein Viertel so groß), was zur Folge hat,
daß sie nicht zur Touristensenke wurde, und in zweiter Linie dadurch,
daß sie zwei mögliche Routen der Zufahrt bietet. Auf der Straßenkarte
ist keine der beiden eingezeichnet. Eine der Möglichkeiten wäre, unter
Mißachtung der Fahrverbots-Schilder, den Ebbevej zu wählen,
was, wenn man keine Traktorräder hat, ziemlich blöd enden kann. Denn
ganz trocken ist der Ebbe-Weg sowieso nie, und die Wahrscheinlichkeit, im Morast
stecken zu bleiben, ist nicht direkt vernachlässigbar. Das örtliche
Bus-Unternehmen (Mandø-Bussen) führt zahlende (und zahlreiche) Gäste
mit dem Anhänger aber schon über den mit Zweigen gesäumten Gatsch-Pfad.
Wir haben den um eine Spur sichereren Weg gewählt, wobei aber auch bei
diesem auf Schildern gewarnt wird, man möge sich’s mit den Gezeiten gut
stehen und erfragen, wann die Überfahrt möglich sei. Wirklich Angst
einflößend war das zirka fünf Kilometer lange Schotterdämmchen
nicht, wenngleich doch ein wenig spannend, da in den Schlaglöchern Wasser
stand. Wir wußten jedoch nicht, ob noch oder schon. Aber
die Flut war ja noch weit weg ...
Die Kirche und der Friedhof auf Mandø bieten einen Hauch vom Wilden
Westen mit dem dunklen hölzernen Glockenturm davor. In der Kirche hängen
wunderschöne Schiffe von der Decke, die an die fetten Jahre des Fischfangs
erinnern sollen. Die einzige Windmühle der Insel ist, wie vieles hier,
kleiner ausgefallen als die meisten ihrer Artgenossen. Sie steht zur vollständigen
Besichtigung offen, es wird lediglich um eine Spende für ihre Erhaltung
ersucht. Einen Aufpasser gibt es nicht, und gerade dann werfen wir gerne etwas
ein. Wie zuwider sind uns doch Klofrauen.
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Reise ..."